Aktuelle Studien haben gezeigt, dass das Potenzial für Windkraftnutzung in Tirol mit insgesamt rund 800 GWh pro Jahr Erzeugung an einigen Stellen als bedeutend einzustufen ist. Wie das vorhandene Potenzial genutzt werden kann, wurde im Rahmen der Energie Zukunft Tirol unter dem Motto „Woher weht der Wind?“ am 5. September 2024 diskutiert. Unter der Obhut von Landeshauptmann Anton Mattle und LHStv. Josef Geisler informierten führende Expertinnen und Experten aus dem Bereich Windkraft und diskutierten, wie konkrete Projekte in der Zukunft umgesetzt werden können. Veranstaltet wurde die Fachtagung durch die Energieagentur Tirol.
Aufgrund des Bevölkerungs- und Wirtschaftswachstums und dem Umbau des Energiesystems auf erneuerbare Energieträger steigt der Strombedarf zunehmend. 2050 werden in Tirol laut Berechnungen der Energieagentur Tirol rund 14.483 GWh Strom benötigt, 400 GWh pro Jahr sollen dabei aus der Windkraft stammen, womit der durchschnittliche Jahresverbrauch von circa 100.000 Haushalten gedeckt werden kann.
Landeshauptmann Anton Mattle betonte in seinem Eröffnungsstatement: „Wir wollen unabhängig von Öl und Gaswerden und unseren Energiebedarf bis 2050 aus allen verfügbaren erneuerbaren Ressourcen decken. Wasserkraft und Photovoltaik sind das Rückgrat der Tiroler Energiewende. Windkraft alleine wird uns nicht retten, ohne Windkraft wird es aber auch nicht gehen. Es braucht einen Energiemix mit dem ganzen Potenzial von erneuerbaren Energien in Tirol.“
Die Richtung ist mit TIROL 2050 energieautonom klar, denn um zukünftig den Bedarf zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energieträgern decken zu können, müssen bis 2050 rund 30 Prozent Energie eingespart, beziehungsweise effizienter eingesetzt, werden. Darüber hinaus muss die heute noch genutzte fossile Energie ersetzt und die Erzeugung von Energie aus erneuerbaren Energieträgern um 81 Prozent ausgebaut werden. Neben der Wasserkraft und der Kraft aus der Sonne wird auch die Windkraft eine wichtige Rolle für den Tiroler Energiemix spielen.
Einen zentralen Vorteil der Windkraft zeigt ein Blick auf die Bilanz von Stromerzeugung und Verbrauch. Bilanziell gesehen wird pro Jahr in Tirol mehr Strom erzeugt, als verbraucht wird. Bei genauerem Hinsehen zeigt sich jedoch, dass nur 4 Monate des Jahres die Erzeugung höher ist als der Verbrauch. Die restlichen 8 Monate wird Strom importiert, wodurch Tirol abhängig von Importen aus dem Ausland ist. Hier kommt die Windkraft ins Spiel, denn während die Erträge aus Wasserkraft und Photovoltaikanlagen vor allem in den Monaten von Mai bis September hoch sind, liefert die Windkraft die größten Erträge in den Monaten von September bis Mai. Also genau dann, wenn die Erträge aus Wasserkraft und Sonnenenergie geringer sind.
„Um eine unabhängige Stromversorgung aus erneuerbaren Energiequellen in Tirol zu erreichen, müssen wir die Energieerzeugung im Winter erhöhen. Denn gerade in den Wintermonaten wird viel Energie, beispielsweise für den Betrieb von Wärmepumpen oder im Tourismus, benötigt. Die Windkraft liefert hier einen entscheidenden Beitrag, denn je mehr Strom wir in den Wintermonaten produzieren, desto weniger Energie müssen wir speichern, um die im Sommer erzeugte Energie in den Winter zu verlagern“, erklärt Rupert Ebenbichler, Geschäftsführer der Energieagentur Tirol.
Wie das vorhandene Potenzial für Windkraft in Tirol optimal genutzt werden kann, war Gegenstand der Fachtagung. Dabei gingen führende Expertinnen und Experten unter anderem auf die europäischen und österreichischen Ausbauziele, Wind im alpinen Raum und die Besonderheiten Tirols ein.
Anna-Maria Tilg von der GeoSphere Austria erläutert: „Aufgrund der geographischen Lage und der Topographie von Tirol gibt es viele Prozesse, die die Windverhältnisse in Tirol beeinflussen. Analysen zeigen, dass es trotz aller Komplexität durchaus Standorte mit vorteilhaften Windverhältnissen für Windkraftanlagen gibt.“
Dass Windkraft im alpinen Raum funktioniert, haben unter anderem erfolgreiche Projekte in der Schweiz gezeigt. Welche Voraussetzungen für die Errichtung von Windkraftanlagen in Tirol notwendig sind, wurde im Rahmen der rechtlichen und ökologischen Anforderungen in Tirol erörtert und der Weg von der Windkraftmessung zur geeigneten Standortfindung aufgezeigt. Auch der Frage, wie Natur- und Klimaschutz langfristig vereinbar sind, wurde nachgegangen, denn noch immer wird das Thema Windkraft in Tirol kontrovers wahrgenommen. Abgerundet wurde der Tag mit erfolgreichen Beispielen für Windkraftprojekte im hochalpinen Raum und wie die gewonnenen Erkenntnisse diese zukünftig auch in Tirol realisierbar machen.
LHStv. Josef Geisler betonte in seinem Abschlussstatement: „Wir wollen, dass sich in Tirol die Windräder, nicht die Projektwerber im Kreis drehen. Wer in Tirol ein Windrad zur Erzeugung von grünem Strom errichten will, wird deshalb in allen rechtlichen Belangen bestmöglich unterstützt. Gegenwind bleibt nicht aus, von der Regierung gibt es daher für sinnvolle Projekte Rückenwind.“
Um die Windkraft in Tirol voranzutreiben, unterstützt das Land Tirol die erste große Windkraftanlage mit 100.000 Euro und auch für Windkraftmessungen steht ein Fördertopf mit einem Gesamtbudget von 300.000 Euro im Jahr 2024 zur Verfügung. Interessierte können sich auf der Webseite des Landes Tirol zu den genauen Förderbestimmungen informieren. Darüber hinaus hat das Land Tirol die Anlaufstelle für Erzeugungsanlagen von erneuerbarer Energie eingerichtet und auch die Ansprechpartner*innen der Energieagentur Tirol steht allen Interessierten für Auskünfte zur Verfügung.