Der Verkehr ist in Tirol für rund 50 Prozent der CO2-Emissionen verantwortlich. In der gesamten Europäischen Union sind es fast 30 Prozent und davon entfallen wiederum 72 Prozent auf den Straßenverkehr. In Österreich lagen im Jahr 2019 die Pro-Kopf CO2-Emissionen des Verkehrs um rund 50 Prozent über dem EU-Schnitt.
„Wir haben dringenden Handlungsbedarf, die Emissionen aus dem Verkehr zu senken. Hier spielt auch der öffentliche Verkehr eine Schlüsselrolle“, erläutert Klimaschutzlandesrätin LHStvin Ingrid Felipe: „Wir wollen daher den öffentlichen Verkehr in Tirol bis 2035 auf emissionsfreie Antriebe umstellen und damit die öffentliche Mobilität zukunftsweisend verändern. Tirol wird dadurch eine der Vorreiterregionen beim Umstieg auf klimaneutrale Antriebe. Der letzte neue Dieselbus soll im Jahr 2027 in Betrieb gehen und mit einer verkürzten Laufzeit von acht Jahren im Jahr 2035 endgültig durch einen Elektrobus ersetzt werden“, so die Mobilitätslandesrätin.
Die Umrüstungskosten für die emissionslosen Fahrzeuge und die dafür notwendige Infrastruktur belaufen sich in einer ersten Phase auf insgesamt 23,2 Millionen Euro bis 2025, wofür eine Bundesförderung in Höhe von 17,1 Millionen Euro eingeworben werden soll. Die verbleibenden 6,1 Millionen Euro werden vom Land Tirol finanziert.
„Insgesamt werden bis 2035 rund 640 Busse und damit die gesamte Tiroler Busflotte auf emissionsfreie und damit klimafreundliche Antriebe umgestellt sein“, betont LHStvin Felipe.
Grundlage für die Dekarbonisierung des öffentlichen Verkehrs ist die „Clean Vehicles Directive“ der Europäischen Union, welche den Rahmen für notwendige Maßnahmen der Umstellung auf emissionsfreie Busse setzt. Umgesetzt wird diese europäische Richtlinie in Österreich durch das Straßenfahrzeug-Beschaffungsgesetz (SFBG). Darin sind die unterschiedlichen Zeiträume und Quoten für die Umstellung auf saubere und emissionsfreie Busse festgeschrieben. So müssen bis 31. Dezember 2025 alle öffentlichen AuftraggeberInnen 45 Prozent ihrer Busflotte auf saubere Antriebe umstellen, 50 Prozent davon emissionsfrei. Die Quote wird auf 65 Prozent im Zeitraum vom 1. Jänner 2026 bis 31. Dezember 2030 angehoben. Unter „sauberen Fahrzeugen“ versteht die Richtlinie auch gasbetriebene Busse, während emissionsfreie Busse nur jene mit Elektromotoren, E-Busse, Trolleybusse und Wasserstoffbusse umfassen.
„Wir haben uns in Tirol das Ziel gesetzt, die Erfordernisse rein mit elektrisch angetriebenen – also „emissionsfreien“ – Fahrzeugen umzusetzen“, sagt LHStvin Felipe.
Der Verkehrsverbund Tirol (VVT) und die Innsbrucker Verkehrsbetriebe (IVB) haben gemeinsam im Rahmen einer technologischen und wirtschaftlichen Untersuchung eine Dekarbonisierungsstrategie erstellen lassen Damit liegt ein Handlungsleitfaden für die Umstellung auf emissionsfreie Busse vor.
„Als Grundstein zeigt die Strategie die konkreten Ansatzpunkte auf, die es aufgrund des akuten Handlungsbedarfs zu priorisieren gilt und skizziert eine übergreifende Vorgehensweise für die nächsten Jahre. Demnach werden wir mit der Umstellung dort beginnen, wo ein dichter Takt in der Ebene – dem klassischen Stadtverkehr – gefahren wird. Nachfolgend werden wir die gebirgigen Linien auf emissionsfreie Antriebe umstellen“, erklärt VVT-Geschäftsführer Alexander Jug.
In der ersten Phase bis 2027 werden Fahrzeuge der Klasse I – primär Stadtbusse – bevorzugt und auf Depotlader umgestellt. Depotlader werden vor allem nachts am Betriebsgelände geladen und brauchen relativ wenig und einfach herzustellende Infrastruktur mit geringer Ladeleistung. Der dazu notwendige Strom wird zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energiequellen bezogen. Die Voraussetzung für die Realisierung dieser ersten Phase ist eine Förderung der Mehrkosten durch den Bund (über das Förderprogramm EBIN – Emissionsfreie Busse und Infrastruktur) und darauf aufsetzend durch das Land Tirol.
„Im Rahmen dieses Projektes werden die ersten E-Busse ab 2023 im Bezirk Landeck bereits im Einsatz sein. Bis 2027 werden wir dann insgesamt 136 Fahrzeuge auf emissionsfreien Antrieb umgestellt haben“, berichtet Jug.
In der zweiten Phase von 2028 bis 2030 geht es um die Vorbereitung und Planung der weiteren Umstellungsphase. Dabei wird internes Know-how aufgebaut, die notwendige Software für die Routenplanung und das Ladehofmanagement angepasst sowie die Umstellung der Regionalverkehre im Detail geplant.
In der dritten Phase ab 2031 werden ausschließlich die neuen Busse angeschafft. Dabei werden alle übrigen Linien mit besonderen Anforderungen an Umlauflängen und Steigung angepasst - abhängig vom technologischen Fortschritt auf Depotlader, Gelegenheitslader (die zusätzlich auch noch auf der Strecke mit leistungsstarken Schnellladern laden) sowie Oberleitungsbusse (die zwischendurch auf bestimmten Streckenabschnitten durch Oberteilungen aufgeladen werden) oder Wasserstoffbusse umgestellt.
Zusätzlich zur Dekarbonisierung bleibt die laufende Optimierung des öffentlichen Verkehrs ein Erfolgsfaktor der nachhaltigen Mobilität in Tirol, wie LHStvin Felipe festhält:
„Einer der Schwerpunkte bei der weiteren Angebotsverbesserung des VVT ist die Ausweitung des Busangebotes zwischen 5 und 20 Uhr, allgemeine Taktverdichtungen und Linienneuplanungen. Ein neues modernes Design der Regiobusse und eine hochwertige Innenausstattung bieten in Zukunft eine weitere Grundlage für Öffi-Verbesserungen. Abgerundet wird das ganzheitliche Angebot mit der optimalen Einbettung in den gesamtheitlichen Mobilitätsverbund – ergänzt durch den Ausbau von Sharingsystemen, bei E-Autos, dem VVT Regiorad und anderen Bedarfsverkehren.“