Erschienen: März 2023 / LESEDAUER: 4 Minuten / Erfahre hier mehr zum Thema Konsum
Was, wenn das aber gar nicht so leicht erklärt ist mit den Lebensmitteln? Was, wenn immer mehr Kund*innen wissen möchten woher ihre Lebensmittel kommen, wie sie produziert wurden und was eigentlich drin ist? Und was, wenn es obendrein noch immer mehr Bewegung und Rückbesinnung zur Regionalität in Sachen Lebensmittel gibt?
Solange die Wahl zwischen „Gut“, „Weniger gut“ und „Schlecht“ bei Konsument*innen liegt, braucht es eine Instanz, der man in Sachen guter Ware (Herkunft, Verarbeitung, Inhalt) vertrauen kann. Eine, die akribisch, transparent und so gut es geht, jedes Produkt hinsichtlich ihres Effektes auf Mensch und Natur kontrolliert. Und nur dann in das Sortiment mit aufnimmt, wenn alles passt.
So oder so ähnlich dachten sich das zumindest die Gründungsmitglieder von „Speis von Morgen“, Innsbrucks erster Genossenschaftsmarkt für Lebensmittel. Die „Speis von Morgen“ organisiert sich übrigens bewusst gemeinwohl- und nicht gewinn-orientiert, um ein faires System für alle Beteiligten, also Produzent*innen, Genossenschaft und Konsument*innen zu schaffen.
Zurück zum Thema. Wir trafen uns mit Vinzenz Mell, dem Geschäftsführer und das möchte er vermutlich zwar nicht hören, aber gewisser Weiße auch Mastermind hinter dem Konzept dieses Marktes. Und wir steigen auch gleich voll ein ins Thema. Stolz berichtet er über eine Vielzahl an Produkten und ihre Geschichten dahinter: „Das ist von Thomas Posch, Tirols erster Wassermelonenbauer, hier von Robert Andres der Innsbrucker Stadthonig, da haben wir Tee von der Kräuterey aus Trins, hier drüben Birnenfruchtaufstrich von der feld:schafft aus Innsbruck. Und das, ja das ist Weichkäse von Tirols jüngster Senner-Meisterin Sophia Huber von der Biosennerei Kolsass.“ Das ging noch eine Weile so weiter (unter anderem mit der Klimabohne von Daniel Sperl, dem Nako-Sirup von Nikolaus Leuprecht, natürlich dem Gemüse vom Lumpererhof in Fritzens und und und).
Gespannt hörten wir zu und fragen uns, wie viele Produkte es denn nun insgesamt hier zum Kaufen gibt. „Ca. 1.000 Produkte haben wir aktuell im Sortiment.“, meint Vinzenz. 1.000 Produkte und alle aus der Region? „Nein, so weit sind wir leider noch nicht. Einen Teil der Ware, vor allem Dinge, die nachgefragt werden, die aber in Tirol nicht wachsen oder produziert werden (zb. Orangen) beziehen wir über einen gemeinwohl-orientierten und ausschließlich auf Bio-Artikel spezialisierten Großhandel aus München.“, erklärt er. Und warum München? Weil es einfach näher ist als ein vergleichbarer Österreichischer Großhändler: „So sparen wir auch Transportwege.“. Fair enough.
Man merkt schon – hier wurde alles bedacht, infrage gestellt und nach Verbesserungspotenzial gesucht. Und dennoch ist das Ziel noch lange nicht erreicht. „Wir möchten natürlich so viele Produkte es geht von regionalen Produzenten beziehen. Der Markt soll so auch Ansporn für zukünftige Produzenten sein. Für Menschen, deren Traum es ist, Lebensmittel zu produzieren, sich aber bisher mangels Verkaufsmöglichkeiten nicht drüber getraut haben.“, meint der Geschäftsführer.
So einen Markt zu betreiben funktioniert natürlich nicht alleine. Schon gar nicht, wenn die Unternehmung als Genossenschaft organisiert ist. Deshalb nahmen sich dann noch zwei weitere Gründungsmitglieder (Daniel Sperl von der Klimabohne und Barbara Kaiser, hauptberuflich Volksschullehrerin) Zeit, um etwas mit uns zu plaudern.
Perfekt, dann haben wir mit Daniel Sperl gleich auch einen Produzenten, den wir befragen können, dachten wir uns. Für ihn ist sein Projekt Klimabohne und die „Speis von Morgen“ ein „perfekt match“. Das Produkt, welches unter fairsten Bedingungen in Kolumbien produziert und so klimafreundlich wie möglich transportiert wird (über den Atlantik mit dem Segelschiff und schlussendlich mit dem Lastenrad zur Speis von Morgen) soll auch in einem transparenten und fairen Markt verkauft werden. Preisdruck und Ähnliches gehören hier nicht zum Konzept. Wirkt so, als hätte die Klimabohne nur darauf gewartet, ein Projekt wie die „Speis von Morgen“ mit zu initiieren.
Eine runde Geschichte, dieser Markt. Doch eine Sache beschäftigte uns dann doch noch. Wie haben die das überhaupt geschafft, so einen Markt zu eröffnen, einzurichten, das Sortiment auszuwählen. Kommt doch keiner aus der Branche. Hierbei hat Barbara einen großen Teil dazu beigetragen. Sie hat sich um die Produktpräsentation gekümmert und sich wochenlang die Frage gestellt, ob nun die Gewürze neben den Pestos stehen können oder doch lieber bei den Gurken zu finden sind. Dass das schlussendlich ganz gut funktioniert hat, zeigt unter anderem die Aufenthaltsdauer: „Unsere Kundschaft kauft recht schnell ein. Für uns ein Indiz, das sie finden, was sie brauchen und dass wir gut sortiert haben“, weiß sie.
Gut ist hier allgemein das Stichwort. Man hat ein gutes Gefühl, hier zu sein. Umgeben von Produkten, von denen man weiß, dass sie gut sind. Produkte, bei denen man sich keine Gedanken machen muss, wo die nun herkommen, ob die auch fair produziert wurden und was da überhaupt drinsteckt. Und obendrein noch zu fairen Preisen verkauft werden. Nämlich fair für alle Beteiligten. Das ist das Versprechen, das einem die Genossenschaft gibt und schlussendlich ist das auch der Grund, warum die „Speis von Morgen“ überhaupt existiert. Und davon verträgt unsere Gemeinschaft durchaus mehr.