Haus im Leben

Haus voll Leben

„Beziehungen entstehen aus Begegnungen“, erläutert Projektgründer Anton Stabentheiner das Konzept vom „Haus im Leben“. Ob in den Gemeinschaftsräumen, im hauseigenen Café oder auf dem Spielplatz im Hof – das neue genossenschaftliche Wohnobjekt in der Innsbrucker Amberggasse stiftet seit 2017 eine Art Gemeinschaft, wie sie sich viele von uns zum Aufwachsen und auch zum Altwerden wünschen. Durch gemeinschaftlich genutzte Infrastruktur kann aber nicht nur die Lebensqualität erhöht, sondern auch der Energieverbrauch verringert werden.

Erschienen: 2019 / Lesedauer: 3 Minuten

Stadt trifft Dorf

„Das Haus ist wie ein kleines Dorf“, strahlt Herbert R., einer der 85 Bewohner*innen des „Haus im Leben“. „Hier kennt nach einer Weile jeder jeden - in einer normalen Mietwohnung in der Stadt kennt man nicht mal die direkten Nachbarn. Und unsere Enkelin ist hier auch sehr glücklich!“ Die Kinder im Haus schließen besonders schnell Freundschaften über die Stockwerke hinweg, kommen mal hier zum Mittagessen und mal dort. Herbert ist auch im hauseigenen Mieter*innenverein für ein eigens initiiertes „Aktiv- und Kulturprogramm“ engagiert: Diese Woche geht es zum „Klumpern“ (Anm.: Tirols spezielle Form des Rodelns) nach Rinn, vergangenes Wochenende gab es einen gemeinsamen Filmabend.

Rundum versorgt

Für jede Lebenssituation scheint es in dem Bau der gemeinnützigen Wohnbaugenossenschaft BWS den passenden Raum zu geben – von der Hebammenpraxis über eine private Kinderkrippe, den Frisör, die Massage-Praxis und die Allgemeinärztin – ist man rundum versorgt. Für Bewohner*innen mit besonderem Betreuungsbedarf gibt es zusätzlich eine „Wohnbegleitung“, die für 20 Stunden wöchentlich im Haus zur Verfügung steht. Im Keller können in der gemeinsamen Werkstatt nicht nur Werkzeuge, sondern auch Handwerkstipps ausgetauscht werden. Und auch das Café Namsa im Erdgeschoss ist ein beliebter Treffpunkt und bietet noch dazu Geflüchteten erste Arbeitsmöglichkeiten.

Ich wohne wirklich gern hier. Ich bin im Haus bei der Gärtnergruppe dabei. Wir kümmern uns um die Hochbeete – ich freue mich schon, wenn der Schnee endlich weg ist.

erzählt auch Martin C., der als Gärtner arbeitet und sich aktiv miteinbringt. Hinterm Haus wird außerdem noch Platz für einen größeren Gemeinschaftsgarten sein, wenn von Seiten der Bewohnern*inen künftig Interesse dafür besteht.

Gemeinsam geht mehr

Aus der Freiheit, sich einzubringen sind im Haus schon mehrere Projekte entstanden: Aus der FoodCoop heraus, über die anfangs gemeinsam regionale Nahrungsmittel bestellt werden konnten, entwickelte sich beispielsweise ein hauseigener Bioladen, der jedes Wochenende Produkte von Tiroler Bauern und Bäuerinnen anbietet. Der Gemeinschaftsraum „Salon“, der für Geburtstagsfeste oder ähnliche Anlässe genutzt werden kann, wird momentan gemeinsam gestaltet und dekoriert. Und wer Gäste über Nacht empfangen möchte, kann sich dafür eine von zwei vorhandenen Gästewohnungen reservieren.

Was das alles mit Energie zu tun hat? So einiges!

Seit Anfang der 1970er Jahre hat sich die durchschnittliche Wohnfläche hierzulande fast verdoppelt – heute sind es somit 44,3 m² Wohnraum pro Kopf*, für die Ressourcen und Energie aufgewendet werden müssen. Durch Modelle wie das Haus im Leben mit gemeinschaftlich genutzten Flächen wie Gästezimmer oder Werkstatt werden Räume effizienter genutzt. Die Inidvidualnutzflächen können dadurch kompakter dimensioniert werden. Dabei kann der persönliche Komfort bei geringerer Individualnutzfläche sogar gesteigert werden: Das Gästezimmer ist etwa ein Bereich, welcher meist in vielen Haushalten leer steht und dennoch ununterbrochen sauber gehalten werden muss und Heizkosten verursacht – nicht so die Gästewohnungen im „Haus im Leben“. Das „Haus im Leben“ bietet attraktive Wohnformen für Jung und Alt und gibt somit all jenen denen ihr Einfamilienhaus im Alter zu groß wird eine gute Alternative.

Das „Haus im Leben“ bietet attraktive Wohnformen für Jung und Alt und gibt somit all jenen denen ihr Einfamilienhaus im Alter zu groß wird eine gute Alternative.

Die breit gefächerten Angebote im Haus verkürzen außerdem tagtäglich Wege und so wird die nachhaltigste Alternative zur Bequemsten – zum Beispiel durch das Ausleihen eines Akkubohrers aus der Gemeinschaftswerkstatt oder den direkten Einkauf lokaler Produkte „im eigenen Keller“. Zu guter Letzt ist der Bau auch im Niedrigenergiestandard ausgeführt und wird mit Pellets beheizt. Lediglich die Bedarfsspitzen werden mit Gas abgedeckt.

Fazit

In Summe bietet das Konzept des „Haus im Leben“ viele Vorteile für Bewohner*innen und Umwelt. Dies haben bereits auch die Orte Fiecht, Kaltenbach, Ybbsitz und Aspern in Wien für sich entdeckt – es bleibt zu hoffen, dass weitere Gemeinden folgen.

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