HELIOPLANT

Bäume, die Energie liefern

Sind Photovoltaik-Anlagen in den Bergen zu teuer? Benötigen sie zu viel Wartungsaufwand und liefern sie genügend Ertrag? Drei Tiroler Ingenieure waren mutig und entwickelten eine PV-Anlage speziell für alpine Gegebenheiten. Von nun an können PV-Anlagen in den Bergen kostengünstig, wartungsarm und ertragreich betrieben werden.

Erschienen: Jänner 2025 / LESEDAUER: 5 Minuten / Erfahre hier mehr Über die Sonnenenergie

In Sölden entstand vor kurzem eine neuartige Photovoltaik-Anlage, die sich das bisher größte Problem alpiner PV-Anlagen – die großen Schneemengen – zur Energiegewinnung zu Nutze macht. HELIOPLANT setzt nicht nur auf Altbewährtes zur Lawinenvermeidung, sondern schafft durch die besondere Form und Technik der Anlage schier Unmögliches. Sogenannte PV-Bäume machen es möglich, die Wintersonne in hohen Lagen energetisch sinnvoll und wirtschaftlich zu nutzen.

Das Problem

Klassische Photovoltaikanlagen stehen in alpinen Räumen vor großen Herausforderungen. Die Ausrichtung, der Kampf gegen den Schnee, die kostenintensive Installation und häufig mühsame Wartung machten größere PV-Projekte in der Vergangenheit schwer umsetzbar. Und dennoch gibt es sie. Ein Beispiel steht im Tiroler Pitztal, wo die Betreiber*innen der Pitztaler Gletscherbahnen schon im Jahr 2009 eine große Flächenanlage mit etwa ein Megawatt-Peak (MWp) installieren haben lassen. Geplant und umgesetzt wurde die Anlage damals durch das Ingenieurbüro ehoch2 aus Mötz.

Das muss doch einfacher gehen

Florian Jamschek, der Geschäftsführer des Ingenieurbüros, hat sich nach der Fertigstellung des Projektes im Pitztal seine Gedanken gemacht, wie PV-Anlagen im alpinen Raum in Zukunft leichter umsetzbar werden können. Die Anlage funktioniert zwar sehr gut, dennoch ist die Konstruktion des Unterbaus sehr komplex. Die meisten Teile sind Einzelanfertigungen und mit Konstruktionshöhen von teilweise über acht Metern war das Unterfangen alles andere als einfach. Und dadurch für zukünftige Kund*innen auch nicht allzu attraktiv.

Inspiration aus dem Lawinenschutz

Ein neuer Denkansatz musste also her. Gemeinsam mit dem Innsbrucker Ingenieurbüro i.n.n., die Spezialisten für Naturgefahren-Management sind, wurde HELIOPLANT gegründet. Zuerst gingen Alexander Ploner, Thomas Sönser und Florian Jamscheck auf die Windverwehungen als wohl größtes Problem ein. Denn, wenn Schnee auf den Modulen liegt, kann klarerweise kein Strom erzeugt werden. Mit ein Grund, warum Dachflächen von Liftstationen schlecht geeignet sind. Fündig wurde das Expertentrio im Lawinenschutz. Hier gibt es sogenannte „Kolkkreuze“. Das sind große Kreuze, meist aus Holz oder Metall, die vor allem an kammnahen Stellen positioniert werden, damit Schneeablagerungen verhindert werden. Möglich macht das die Form der Kreuze, die für Schneeverwirbelungen sorgt. Der Schnee bleibt also gar nicht erst liegen.

Vielversprechend für hohe Lagen

Nach langer Entwicklungsarbeit und vielen Testläufen in Miniaturform war klar, dass sich diese Konstruktion für PV-Anlagen in alpinen Lagen äußerst gut eignet. Denn es funktioniert nicht nur als Konzept für Schneefreiheit. Die sogenannte „Kolkbildung“, also die durch die Form verursachte Muldenbildung, sorgt auch dafür, dass die Sonne nicht nur direkt auf die Paneele scheint, wie das bei klassischen Anlagen der Fall ist. Durch Reflexion im Schnee trifft sie im Prinzip 360 Grad rundum auf die Konstruktion. In Kombination mit beidseitigen Photovoltaik-Paneelen sorgt das dafür, dass auch an sonnenabgewandten Standorten ein Wirkungsgrad von 80 bis 90 Prozent erreicht wird. Jeder PV-Baum hat eine Leistung von rund acht Kilowatt-Peak (kWp), was vergleichbar mit einer typischen Anlage auf einem Einfamilienhaus ist.

Starke Partnerin

Nachdem das Konzept reif für die erste Umsetzung war, musste eine Partnerin gefunden werden, die bereit war, diese Anlage in größerem Stil zu testen. Mit den Bergbahnen Sölden wurden die Ingenieure schließlich fündig. „Wir haben schon von den Erfahrungen der Pitztaler mitbekommen, dass es nicht ganz trivial ist, eine Photovoltaik-Anlage in großen Höhen zu installieren. Also haben wir uns nach alternativen, neuen und innovativen Ideen umgesehen“, meint Philipp Falkner, Prokurist der Bergbahnen. Der Grundstein für die Zusammenarbeit war gelegt.

„Die Theorie war zwar eindeutig, dennoch war schon ein gewisses Risiko damit verbunden, in diesem Ausmaß eine derart neuartige Photovoltaik-Anlage zu testen“, führt Florian Jamschek fort.

Es habe sich allerdings gelohnt und die bisherigen Ergebnisse seien durchwegs positiv. Es wurde extra ein denkbar ungeeigneter Platz dafür gesucht, ein Platz mit besonders vielen Schneeverwehungen und verhältnismäßig wenig Sonne. Und trotzdem hat die Anlage in diesem Sinne über den Testzeitraum in der Wintersaison 2023/24 brilliert. 

Natürlich hat das bei manchen anderen Tiroler Bergbahnen entsprechenden Wind gemacht und die Ergebnisse der HELIOPLANT PV-Bäume haben durchaus Interesse geweckt. Zurzeit ist Florian Jamschek mit einigen weiteren Bergbahnen im Gespräch.

„Wir haben zwar eine Vorreiterrolle und das erste Risiko getragen, sind aber natürlich froh, wenn andere dieses Konzept auch umsetzen. Am Ende des Tages hilft uns das gesellschaftlich ja allen.

Philipp Falkner, Prokurist Bergbahnen Sölden

Auch für andere Lagen geeignet?

Jamschek ist klar, dass die PV-Bäume von HELIOPLANT ein sehr spezifisches Produkt sind, das besonders für schneereiche, alpine Lagen interessant ist. „Für Tallagen ist das eher weniger geeignet, da sind Dachflächen viel besser und Schnee ist nicht so ein großes Thema“, weiß er. „Dennoch brauchen wir gerade in den Alpen auch Lösungen für energieintensive Betriebe wie Bergbahnen, die dann im Optimalfall den Strom auch gleich vor Ort verbrauchen können. Und da ist das Produkt von HELIOPLANT perfekt geeignet, vor allem auch, weil es im Winter gut funktioniert“, schließt er ab.

Photovoltaik-Anlagen in alpinen Lagen. Was vor ein paar Jahren noch als nicht wirtschaftlich abgetan wurde, hat nun das Potenzial große Teile des Energieverbrauchs von alpiner Infrastruktur abzufedern. Das alles durch einen findigen Einfall eines Ingenieurbüros. Und den Mut eines Kunden, Vorreiterin zu sein. Für TIROL 2050 energieautonom sind wir auf genau diese guten Einfälle und mutigen Vorreiterinnen angewiesen. Wir sind gespannt, ob wir dieses Konzept bald auch anderswo im Gebirge antreffen dürfen und PV-Bäume in der Zukunft Teil des Landschaftsbildes werden.

Du willst keine Geschichte mehr verpassen?

Dann melde dich hier zu unserem Newsletter an.