Das INNERGY Leitprojekt beschäftigt sich mit der Flexibilisierung der Fernwärmeversorgung in der Region von Jenbach bis Innsbruck.

Zahlreiche Flexibilisierungen sollen das Fernwärmesystem, in einem Versorgungsumfeld mit 100 Prozent erneuerbare Energien, zukunftsfit machen.

Unter der Leitung des Arbeitsbereichs Energieeffizientes Bauen der Universität Innsbruck setzen renommierte Tiroler Unternehmen und Organisationen neun Teilprojekte um, deren Ergebnisse wertvolle Erkenntnisse für die komplexen Herausforderungen der Energiewende liefern. Ziel des Leitprojekts ist die Aufbereitung der erarbeiteten Lösungen, sodass eine Übertragbarkeit der Ergebnisse auch auf strukturell ähnliche Aufgabenstellungen möglich wird.

Was passiert in den Teilprojekten?

Die Teilprojekte erproben und evualieren in unterschiedlichen Herangehensweisen an der flexiblen und effizienten Wärmeversorgung in der zentralen Tiroler Inntalfurche. Zum Wärmeversorgungsystem gehören die Erzeugung, der Transport, die Speicherung und der Verbrauch. Jeweils drei dieser Teilprojekte umfassen den Aufbau bzw. Adaptierung und Betrieb von Wärmenetzen, innovative Systeme der kaskadierten und bzw. oder gekoppelten Wärme- und Kälteversorgung von Gebäuden, wie Wohngebäude, Labors, Büros oder EDV-Zentren mit Schnittstellen zu Wärme- und Stromnetzen. Ebenso die Identifizierung und Einspeisung von bisher ungenutzten Abwärmepotenzialen aus Industrie sowie Wasserstoffproduktion oder alternativen Wärmequellen wie Abwasser, Abluft und Grundwasser. Neben den technischen und digitalen Lösungen werden auch gesellschaftliche Aspekte beleuchtet, insbesondere mit Fokus auf die Rolle von Prosumern (wechselweise Einspeiser*in und Abnehmer*in).

Aus den Teilprojekten entstehen durch die wissenschaftliche Begleitung durch die Universität Innsbruck, MCI, alpS und Energieagentur Tirol Erfahrungen und Modelllösungen für neue Partnerschaften und integrierte Infrastruktur- und Sektorkopplungen zur Verfügung, die über (inter)nationale Vernetzungsaktivitäten als Basis für die breite Anwendung über das Reallaborgebiet hinaus dienen können.

Neben dem Wärmesektor gibt es eine Vielzahl weiterer Innovationen, um das Energiesystem in Tirol zu transformieren und das gemeinsame Ziel TIROL 2050 energieautonom zu erreichen.

Akteur*innen in Tirol

Das Leitprojekt zwischen Wattens uns Zirl ist zentraler Versuchsort und daran sind zahlreiche Akteur*innen beteiligt. Das widerum hilft letztendliche für aussagekräftige Ergebenisse und daraus resultierende Maßnahmen. Das ist das große Ziel hinter INNERGY.

Teilprojekt 1: TIGAS und TINEXT

Erweiterung und Optimierung der Fernwärmeschiene Wattens-Innsbruck

Im Rahmen vom Teilprojekt 1 werden Simulationsmöglichkeiten für die Fernwärmetransportschiene des zentralen Inntals und deren geplante Erweiterungen evaluiert. Mithilfe von Simulationen soll ein digitaler Zwilling des Netzes entstehen, der es ermöglicht, die Netzbewirtschaftung in Abhängigkeit von Speichermöglichkeiten, Bedarfs- und Wetterprognosen sowie Energiepreisen zu optimieren und zukünftige Erweiterungen besser zu planen. Zudem werden Machbarkeitsstudien für Großwärmespeicher durchgeführt. Darüber hinaus wird die Einbindung von Großwärmespeichern in die Simulationen der Netzbewirtschaftung evaluiert.

Teilprojekt 2: Hall AG

Reduktion der Netzwärmeverluste und Steigerung der Großwärmespeicherkapazität

In der Power-to-Heat (P2H) Anlage der Hall AG, die im Herbst 2023 den Betrieb aufnahmen - wird in einem regelbaren Elektrodenheizkessel mit einer Leistung von 20 MW Regelenergie erzeugt und die Wärme in einem Speicher mit einem Inhalt von 1.400 m³ gespeichert. Diese hilft, Stromnetze zur Erhöhung der Versorgungssicherheit noch besser zu stabilisieren und Stromüberschüsse aus erneuerbarer Energieerzeugung in Form von Wärme kurzfristig zu speichern. Dadurch können Abregelungen von regenerativen Stromerzeugern, wie z. B. bei Windkraftwerken, vermieden werden. Gleichzeitig wird die im Prozess erzeugte Wärme produktiv und effizient im Fernwärmenetz der Stadt Hall i. T. genutzt.

Teilprojekt 3: Stadtwerke Schwaz

Planung und Bau des fossilfreien Stadtwärmenetzes Schwaz und Umgebung

Die Stadtwerke Schwaz entwickeln ein innovatives Fernwärmenetz, das bestehende Biomasse-Wärmeerzeuger und eine neue Grundwasserwärmepumpe integriert. Zusätzlich wird die Abwärme der Kläranlage genutzt. Ziel ist es, von Beginn an eine optimierte hydraulische Anbindung der Abnehmer zu schaffen, die niedrige Rücklauftemperaturen und eine flexible Wärmeabnahme ermöglicht. Dies fördert den effizienten Einsatz von Wärmepumpen und ermöglicht den Einsatz fortschrittlicher Regelungskonzepte auf Basis von Prognosemodellen. Das Ergebnis soll ein stabileres und robusteres Fernwärmenetz sein, das in Spitzenlastzeiten eine Leistungsreduzierung unkritischer Verbraucher ermöglicht.

Teilprojekt 4: Innsbrucker Kommunalbetriebe

Optimierung von Wohnhäusern zur intelligenten Abnahme aus dem Fernwärmenetz

Die IKB wird im Zuge des Fernwärmenetzausbaus die Eignung von Neu-Anschlüssen in Hinsicht auf Optimierung und Flexibilisierung, insbesondere eine Kaskadenschaltung für Warmwasser vor Heizung bzw. verstärkte Einregulierung von Heizabgabesystemen prüfen. Bei technisch und kaufmännisch geeigneten Anschlüssen werden Optimierungen in der sekundärseitigen Auslegung von Anschlüssen umgesetzt. Auch bei bestehenden Anschlüssen, besonders im Rahmen von thermischen Sanierungen, wird die Möglichkeit von Betriebsoptimierungen durch verstärkte Einregulierung von Heizabgabesystemen, Umbau zur Kaskadenschaltung bzw. über die bestehende Regelung zur Flexibilisierung der Heizleistung, wo geeignet, getestet. Es soll so zu einer Gesamtenergieeffizienz im System beigetragen werden.

Teilprojekt 5: tirol kliniken und TIGEWOSI

Integration des sanierten Ausbildungszentrum West als Abnehmer und Lieferant ins Fernwärmesystem

Der markante Turm des AZW aus den 1970ern soll unter den gegebenen Rahmenbedingungen in einen Niedrigstenergiestandard überführt und zugleich der Nutzungskomfort hinsichtlich Klimaerwärmung gehoben werden. Die erforderlichen erheblichen Eingriffe in die Gebäudehülle und die Haustechnik werden verknüpft mit der Vision eines netzdienlichen Gebäudebetriebes, um so ein zukunftsträchtiges Sanierungsmodell für großvolumige Gebäude aus diesem Zeitraum zu schaffen. Dieser äußerliche Transformationsprozess des Gebäudes geht einher mit dem neuen Denkansatz in der Gesundheitsausbildung vor Ort, der Verknüpfung von Umwelt und Gesundheit, der sich im Nachhaltigkeitsschwerpunkt in den einzelnen Lehrgängen wiederfindet.

Teilprojekt 6: Bundesimmobiliengesellschaft und Universität Innsbruck

Abwärme von EDV und Laboren heizt Campus und Häuser in der Umgebung

Bundesimmobiliengesellschaft (BIG): Der Campus Technik besteht aus 19 vorwiegend 1970er Jahren gebauten Gebäuden mit einer Gesamtfläche von 57.000 m² konditionierter Fläche. Das neue Physikgebäude mit ca. 26.000 m² Nettoraumfläche ist in Planung. Durch ein detailliertes Messkonzept für Strom-, Wärme- und Kältebedarf sowie Abwärme aus den EDV-Zentren, Laboren und sonstiger Kühlung wird der jeweilige Bedarf und auch die verfügbare Abwärme erhoben. Außerdem werden nutzbare Energiequellen am Campusgelände wie Grundwasser, Erdwärme in Abstimmung mit den Behörden definiert. Die Ergebnisse aller Verbräuche und verfügbaren Energiequellen werden in einem Gesamtkonzept zusammengefasst und mittels Simulationen auf ihre Wirksamkeit überprüft.

Universität Innsbruck (UIBK): Die Universität Innsbruck möchte bis 2035 fossilfrei werden. Ebenso strebt die Bundesimmobiliengesellschaft (BIG) Klimaneutralität aller Universitätsgebäude an. Der Campus Technik ist Eigentum der BIG und vermietet die Räumlichkeiten an die UIBK. Der Campus wir derzeit rein mit Wärme aus Erdgas bzw. zertifiziertem Ökostrom versorgt. Im Rahmen des Projekts wird zuerst ein detailliertes Messkonzept erstellt und gebaut und darauf aufbauend der gesamte Campus energetisch mit allen gekoppelten Energieflüssen auf Stundenbasis simuliert. Das in INNERGY zu erstellende fossilfreie Energiekonzept berücksichtigt die am Campus verfügbaren Wärmequellen aus Grundwasser und Erdreich, den Abwärmen von EDV-Zentrum, Labors und Kühlung, den steigenden Kühlbedarf für wachsende Labore und dem Klimawandel, die Möglichkeit, bis 2025 an ein Fernwärmenetz angeschlossen zu werden, ein neues Physikgebäude mit ca. 26.000 m² Nettoraumfläche, das bis 2028 bezogen werden soll, zwei Gebäude die 2014 thermisch hochwertig saniert wurden (Technische Wissenschaften, Architektur) sowie politische und rechtliche Randbedingungen.

Teilprojekt 7: INNIO und TINEXT

Abwärme der Wasserstofferzeugung und des Wasserstoffblockheizkraftwerks für die Fernwärme Jenbach

TINEXT errichtet ein Fernwärmeverteilnetz in Jenbach unter Nutzung der Abwärme aus den Motorenprüfständen des Kooperationspartners INNIO Jenbacher. Die erste Ausbauphase mobilisiert ein Abwärmepotenzial in der Größenordnung von 5 MW thermisch mit einer möglichen Erweiterung auf 10 MW. Des Weiteren (Phase 2) wird geprüft, ob weitere Wärmepotenziale in der Umgebung (im Speziellen aus der sich zurzeit in Errichtung befindenden Elektrolyseanlage) vorhanden sind und für die Fernwärmeversorgung genutzt werden können.

Teilprojekt 8: Tiroler Rohre

Erhöhung der Wärmeabgabe aus der Produktion in das Fernwärmenetz

Die Tiroler Rohre GmbH in Hall in Tirol verfügt über mehr als 75 Jahre Erfahrung in der Entwicklung, Produktion und Vermarktung hochwertiger, duktiler Gusssysteme für den Wassertransport und die Tiefgründung von Bauwerken.  Sie leitet seit vielen Jahren die Abwärme des Betriebs in die Fernwärmeschiene der TIGAS ein.  Um die Abwärmemenge weiter zu erhöhen werden zum einen die internen Produktionsabläufe modelliert und analysiert, um die interne kaskadische Wärmenutzung zu optimieren (Pinch Analyse). Mittels der Abbildung der Wärmeschiene in einem digitalen Zwilling soll zum anderen untersucht werden, ob sich eine Flexibilisierung der Einspeisung als sinnvoll erweist und ob die bestehende Absorptionswärmepumpe optimiert werden kann, um auch die Abwärme mit 40°C nutzen zu können.

Teilprojekt 9: Innsbrucker Kommunalbetriebe

Abwärme der Kläranlage Rossau beheizt Stadtteil

Die IKB will die Abwärme aus der Kläranlage Roßau über eine Großwärmepumpe im Zufluss in den Inn für den eigenen Bedarf und auch für die Wärmeeinspeisung in die Fernwärmeschiene der TIGAS nutzbar machen. Hierfür wird ein Simulationsmodell für Wärmeanfall sowie optimale Auslegung und Betrieb erstellt – sowohl für die interne als auch für die Fernwärmenutzung. Randbedingungen sind die erlaubte Abkühlung des Abwassers, der jahreszeitliche, stundenmäßige Verlauf der Abwassermengen und der wirtschaftliche Betrieb der Wärmepumpe. Weiters werden geeignete Standorte zur Nutzung des der Kläranlage zufließenden Abwassers gesucht, um weitere Wärmepumpen zu installieren. Eine gute Wärmequelle ist essentiell für einen energieeffizienten optimalen Betrieb von Wärmepumpen.

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